Ketzerbriefe 164

November/­Dezember 2010



Inhalt

  • Fritz Erik Hoevels
    Antiislamismus – gibt’s den?
  • Peter Priskil
    Flugblatt: Der Wirbel um Sarrazin, oder:
    Wie man einen Pappkameraden baut
  • Aus der Welt der Ideologeme (XIX)
    Was ich schon immer mal kapieren wollte:
    »Parallelgesellschaften« von Fritz Erik Hoevels
  • Ketzerbriefe 157/158 zensiert!
  • Kurt Tucholsky
    Nr. 1
  • Fritz Erik Hoevels
    Wagner und Wels
  • Ingo Schuler
    Nachrichten hintenrum: Was der EU-Bürger nicht erfährt
  • Rezension von Ariane Joos:
    Michael Buback, Der zweite Tod meines Vaters
  • Rezension von Fritz Erik Hoevels:
    Bernard Lewis, Die Wut der arabischen Welt (The Crisis of Islam)
  • Kurz und spät

Antiislamismus – gibt's den?

Antisemitismus wie Antiislamismus haben zu unseren Lebzeiten gemeinsam, daß sie in bekennender Form nicht auftreten dürfen – sonst geht es ihren Trägern sehr schnell schrecklich schlecht. Dadurch kann einerseits der Eindruck entstehen, es gebe sie gar nicht (denn es ist äußerst schwer, sie unmaskiert zu Gesicht zu bekommen), andererseits bleiben sie unkorrigiert in ihren Trägern bestehen, da nur eine drohungslose, von keiner Vorausforderung belastete Diskussion ihre Korrektur ermöglichen könnte.
     Weitere, äußerst üble Erschwerungen der Debatte kommen dadurch zustande, daß Gewaltträger oder deren von diesen gedeckte Parteigänger die Atmosphäre dadurch vergiften, daß sie circumcellionisch mit falschen Beschuldigungen unter jenen Stichworten um sich werfen: alles, was ihnen oder ihren Postengebern nicht paßt, ist dann auf einmal antisemitisch, manchmal auch antiislamisch, ganz egal, wie gröblich es für diesen Zweck an den Haaren herbeigezogen werden muß 1), und dieses stets mit der kompakten Majorität der Schreier und Staatsanwälte im Rücken. Übrigens soll es auch noch einen etwas schwerer faßbaren und offenbar oberflächlicher strukturierten, aus unerfindlichen Gründen jedoch irgendwie tadelbaren »Antiamerikanismus« geben, vor dem zu warnen sei: da er offenbar in einer Mißbilligung der militärischen Aggressionen sowie ganz allgemein des Weltherrschaftsstrebens der USA besteht, fällt es mir leicht, mich rückhaltlos zu diesem angeblichen Laster, an dem ich keine kritisierbaren Punkte erkennen kann, zu bekennen; ich beeile mich als Internationalist und Vernunftanhänger, der ich bin, aufrichtig hinzuzufügen, daß ich nicht das geringste gegen Touristen aus den USA habe, solange sie ihre Waffen und die Erwartung von Sonder-, insbesondere Kontrollrechten, zu Hause lassen – sie sind dann ganz genauso willkommen wie entsprechende Einreisende aus Grönland, Lesotho oder Japan. Ebensowenig bestreite ich ihr Recht zur vollen Ausübung ihrer Souveränität in ihrem eigenen Land, solange sie dasjenige anderer Staatsangehöriger in deren Ländern genausowenig bestreiten. Aber Vorrechte: NEIN! (Auch nicht für einen bestimmten Teil derselben.)
     Eben dieses ist ein Gebot der Rationalität, und genau damit trat diese auch in das Licht der Geschichte: als die Ablehnung angeborener Vorrechte, nämlich der Feudalherren bzw. Grundbesitzer und deren Verwandter, danach auch der Christen gegenüber den Juden und der Weißen gegenüber den Negern. Für letzteres – in Gestalt der entschädigungslosen Sklavenbefreiung in der Karibik bzw. Haïti – brachten die Anhänger dieses Vernunftarguments auch ganz erhebliche ökonomische und sogar politische Opfer, was von ihrer Seite aus hinsichtlich der Konstruktionen eines Adelsvorrechts gegen Bürgerliche oder von Christen vor Juden nicht galt; denn Bürgerliche waren sie gewöhnlich selbst, und von der Diskriminierung der Juden gegenüber den Christen – als welche auch die Aufklärer normalerweise angefangen hatten und geboren worden waren – hatte kein Christ etwas, dafür hatten zu wenige Juden überlebt, sie brachte keinem Christen einen gesellschaftlichen Vorteil, auf den er sonst vielleicht hätte verzichten müssen, sondern er konnte durch sie nur seine mögliche Gehässigkeit befriedigen. Mut brauchte die Forderung nach bürgerlicher Gleichheit der Juden dennoch, denn sie entfesselte sofort den Haß der mächtigen Kirche gegen alle, die sie äußerten, gerade so wie heute die Forderung nach dem Ende von Verleumdung und Diskriminierung vor allem der »Scientologen«; aber unmittelbare ökonomische Opfer, die den Ernst dieser Vernunftkonsequenz besiegelten, erforderte dagegen die Parole vom Ende der Vorrechte der Weißen vor den Negern, denn nicht wenige der – sämtlich weißen, wie wäre es sonst gegangen? – Bürgerlichen hatten zumindest Teile ihres Geldes in schwarzen Sklaven auf den Antillen angelegt (jedenfalls mehr Bürgerliche als Adlige!). Doch die Vernunft gebietet den Haß auf angeborene Vorrechte, seien diese nun durch Stand, Religion, Nationalität oder Rasse begründet, und der Vernunft wurde gefolgt. (Auch das geduldige Papier unseres Grundgesetzes folgt dieser Vorgabe, seine staatlich alimentierten oder zu den Trögen des Staates drängenden Schreier und Droher allerdings nicht.)
Heute könnte man dessen nicht mehr so sicher sein. –
     Denn das oberste Gebot der Vernunft, vor dessen Befolgung alle weiteren möglichen Vernunftgebote sinnlos sind, lautet nun einmal: »Du sollst keine Worte verwenden, die Du nicht definieren kannst!« (Deshalb brachte jede Vernunftbewegung, sei es in England oder Frankreich, als ihr erstes und wichtigstes Produkt Enzyklopädien hervor, deren Artikel sämtlich mit Definitionen beginnen oder sogar nur daraus bestehen. Die Geometrie hatte aus versunkener vorchristlicher Zeit das Vorbild geliefert, und die Urväter der Vernunftbewegung, Descartes und Spinoza, nannten ihre »Philosophie« daher »die geometrische Methode«. Wer auch heutzutage kein bloßer Papagei der Gewalt sein will, muß sich sein Scheibchen davon abschneiden!) Wer daher ein wahrer Arschkriecher, Lakai von Natur, Mörder auf eine Andeutung hin und knetbar wie eine Kotwurst sein will, drückt sich daher als allererstes vor der Befolgung dieses Gebots und verrät uns folglich, wenn z.B. in Presse oder Justizdiensten tätig, nicht, was er mit »Antisemitismus« oder »Antiislamismus« ein für allemal meint (oder auch, worin die Bedeutung des von ihm und seinen Hintermännern ausgegebenen Wortes »Antiamerikanismus« sich von der ihm von mir beigelegten: »Mißbilligung von Sonderrechten für US-Bürger oder US-Staatsorgane im Verkehr mit anderen Staaten« unterscheiden soll). Wir aber müssen, um nicht sofortiger Selbstverachtung zu verfallen, diese Definition wie jede andere liefern können, und hier ist sie: »Antisemitismus ist die Bewahrung von Vorurteilen gegen Juden« (und »Antiislamismus« wäre dann »Die Bewahrung von Vorurteilen gegen Moslems«). Die nächste Definition folgt für sprachlich Ungeübte auf dem Fuß:
     »Vorurteile sind Ansichten, die erworben wurden, bevor die Vernunft die Urteilsbildung überwachen konnte.« Sie sind also wesensmäßig irrational, entspringen nicht der Erfahrung, sondern zerren diese höchstens (aber durchaus gerne, wenn sie paßt) nachträglich und selektiv zu ihrer Untermauerung heran, sind eben keine Urteile, zu deren Wesen nun einmal nicht nur die Probe, sondern auch die Gegenprobe gehört, sondern auf dunklen, ihrem Träger gewöhnlich unklaren bis unbekannten Wegen zustandegekommen, und wir gehen selten fehl in der Annahme, daß es sich dabei um frühe Einflüsse der Erziehung und deren projektive Verarbeitung, also um unbewußte Prozesse und Niederschläge übermächtiger Drohungen handelt. (Das ist der Grund, warum ich nichts von »irrationalen Vorurteilen« geschrieben habe; es kann keine rationalen Vorurteile geben, doppeltes Moppeln verrät mehr Aufgeregtheit oder Gehorsamswillen als Zielstrebigkeit.)
     Richten sich Vorurteile nun in diesem Sinne gegen eine Menschengruppe, besonders eine schwache, dann läßt sich ein moralischer Aspekt daran nicht verleugnen. Ihre Träger fördern nämlich üble bis übelste Taten gegen die Objekte ihrer Vorurteile, und das aus dem einzigen Grund ihrer Bequemlichkeit, die Herkunft und daher sachliche Berechtigung ihrer Ansichten unklarer Genese nicht untersuchen und überprüfen, nicht vor den Richterstuhl der Vernunft führen zu wollen, denn sie ahnen dann soziale Mißbilligung in ihrem Umfeld, und durch diese bloße Bequemlichkeit werden sie schuldig an einem Unrecht, das sensationelle Ausmaße annehmen kann, aber auch dann, wenn es geringer bleibt, übel ist und dadurch diese faule Bequemlichkeit widerlich erscheinen läßt. Denn sie bringt ihren Trägern wenig Vorteile, ihre Überwindung könnte ihnen sogar nützen, aber den Opfern derselben kann sie ganz erhebliche bis sensationelle Nachteile bringen und tut dies auch immer wieder. Darum kommt mit diesem moralischen Aspekt auch ein Vorwurf zu der bloßen Diagnose.
     Nun liegt im Falle dieser Behauptung – daß Antisemitismus oder Antiislamismus bei irgendjemandem in dem ein für allemal festgelegten Sinn vorliege – die Beweispflicht wie immer bei demjenigen, der sie aufstellt. Die Behauptung ist z.B. immer falsch, wenn jemand etwas Abträgliches über Juden oder Moslems aussagt, was auch stimmt. Um ein irrationales Motiv (also das bösartige Vorurteil) für die Äußerung dieser abträglichen aber wahren Aussage vermuten zu dürfen, d.h. dafür, daß sie nur getätigt wurde, um ein Vorurteil zu bestätigen, zu dem sie zufällig gepaßt hat, müßte der Beweis aus einem anderen Kontext von Äußerungen des Beschuldigten genommen werden können und auch tatsächlich erbracht werden; wie bei jeder Anschuldigung liegt die volle Beweispflicht beim Ankläger, keineswegs beim Angeklagten die Pflicht zum Unschuldsbeweis (nichts anderes als die Verdrehung dieser Sachlage war der Unrechtsgehalt der Hexenprozesse, ebenso vieler heutiger »Terroristen«-Prozesse). Äußert also jemand etwas Zutreffendes über Juden oder Moslems, das diese in ungünstigem Licht erscheinen läßt, und jemand schreit dann etwas von Antisemitismus oder Antiislamismus, dann ist es sehr viel wahrscheinlicher, daß der Schreier seinen Vorurteilen (oder auch nur Aufträgen bzw. Aufstiegserwartungen) folgt als daß derjenige, der die sachlich zutreffende Äußerung tätigte, seinerseits einem Vorurteil folgte (eine Aufstiegserwartung o.ä. kommt ja aufgrund der gegebenen gesellschaftlichen Verhältnisse nicht mehr in Frage). Das bedeutet nicht, daß wir eine entsprechende (= vorurteilsentsprungene) Motivation bei dem Äußerer der besagten Ansicht von vornherein ausschließen können; es bedeutet nur, daß wir selber zur Äußerung dieser Vermutung erst berechtigt sind, wenn wir dafür mindestens ein handfestes weiteres Indiz besitzen. Das befiehlt der Hypothesenminimalismus.
     Für Menschen mit einem noch so kleinen Sinn für Fairneß ist das alles ohnehin klar; nur wer fest und hirnlos auf dem Boden der fdGO steht, hat damit Schwierigkeiten.
     Dies alles vorausgeschickt, können wir jetzt in die Welt der Phänomene eintreten. Was mir begegnet ist, ist dieses: in den ersten dreißig Jahren meines Lebens bin ich auf keine einzige antisemitische Äußerung gestoßen, und der Islam (vor Khomeini) war sowieso fern. Es existierten über ihn unscharfe, aber durchaus treffende, im wesentlichen aus Karl May und 1001 Nacht bezogene Vorstellungen; er galt völlig zu Recht als rückständig, aber außerhalb seiner Gebiete seit den Türkenkriegen zahm, und daß Handabhacken und Steinigen in Saudi-Arabien, wo er dank Ölparasitismus noch die Sau rauslassen konnte, ekelhaft waren, stimmte ebensosehr wie die Tatsache, daß seine Zwangs- und Erbmitglieder, besonders die mehrheitlich sehr armen Türken, die man überall zu Gesicht bekam, ohne die geringste Feindseligkeit betrachtet werden konnten – soweit ihre Religion sie plagte und belastete, taten sie einem eher leid, aber andererseits war das, man spürte Atatürks wohltätiges Werk auch aus der Entfernung, nur bei einer Minderheit derselben ernsthaft der Fall, zur Feindseligkeit boten sie keinen Anlaß, und soweit sie Arbeitsplätze wegnahmen, war das erstens nicht ihre Schuld, sondern diejenige der Firmen und vor allem staatlichen Stellen, die sie als Lohndrücker herangelockt hatten, und zweitens taten sie dies zu jener Zeit in den reichen EG-Ländern nicht mehr, sondern eher weniger als die noch viel zahlreicheren christlich geborenen »Gastarbeiter« aus den ärmeren derselben. Niemand dachte daran, ihnen aufgrund ihrer religiösen Herkunft gegenüber diesen einen minderen Status einzuräumen (wenigstens nicht in Deutschland, wo die Erinnerung an das alte und verläßliche deutsch-türkische Bündnis nachwirkte, für Frankreich kann ich mich nicht verbürgen); umgekehrt gaben sie selber keinerlei Anlaß dazu, etwa durch die Gier nach Extrawürsten, zu welcher sich etliche, aber nie sehr viele, eine Weile nach Khomeinis Sieg und Zäsur erziehen ließen. Kurzum, ein irrationales Element ließ sich im Verhältnis der Einheimischen zu den islamischen Zuwanderern nicht entdecken.
     Ein antisemitisches im Sinne einer fortgeschleppten »Überzeugung« – wirkliche Juden, mit denen sich gute oder schlechte Erfahrungen machen ließen, gab es ja leider fast nicht mehr – zunächst übrigens auch nicht. Selbstverständlich kann hier mein eigener Erfahrungshorizont persönlich beschränkt sein, nicht nur durch Rücksichten meiner Mitbürger, sondern auch durch Aufwachsen in einer weitgehend papstfreien Umgebung (Frankfurt/M.). Aber das beste Argument bleibt doch, daß mir nach besagter Zeit – und auch in katholisch wenig durchseuchten Gebieten – antisemitische Phantasien durchaus immer wieder begegnet sind, auch in Australien beispielsweise, vorher nie, und zwar lange Zeit ganz vereinzelt, aber völlig beknallt und verrückt; verrückt, oft auch auf eigentümlich abstrakte Weise fanatisch, weil sie in ihrer traditionell christlichen Form verboten waren. Dabei enthielten sich die Sprecher aber – was viel unheimlicher als das Gegenteil wirkte und mich eher mehr als dieses durcheinanderbrachte – aller Haßtiraden. Inhalt der Phantasien war regelmäßig die Vorstellung, die US-Regierung werde als eine Art willenloses Opfer von einer mysteriösen jüdischen Organisation beherrscht; am wirklichkeitsnächsten war dabei der »Zionistische Weltkongreß«, den es ja immerhin gibt, aber daneben tauchten auch noch »Die Weisen von Zion« auf, die auch auf »Die 7 Weisen« schrumpfen konnten; letztere hatten nach der Lehre eines gewissen adligen Freimaurerführers, den die Träger der Ansicht persönlich gehört haben wollten, doch anonym hielten, ihren Sitz in Rußland (!) und regierten die Welt ganz heimlich durch Beeinflussung des Goldpreises. –
     Der wahnhafte Charakter dieser Vorstellungen muß wohl kaum weiter belegt werden. Er resultiert erkennbar aus der angstbedingten Verleugnung des alles zermalmenden US-Imperialismus und schiebt dessen bedrohliche Wirkungen auf eine unsichtbare, aber mit dämonischen Kräften ausgestattete Verschwörer- oder Verbrechergruppe, welche von mehrtausendjähriger Tradition vorgeformt bzw. angeboten ist. In der Tat: leugnet man den US-Imperialismus als Ursache seiner Folgen, dann bleibt für diese nur noch eine übernatürlich-teuflische Kraft übrig, und da besagter Imperialismus sich für seine übelsten Schweinereien, z.B. der Plünderung der Schweizer Banken, auch wirklich jüdischer Organisationen als vorgeschobener Popänze bedient – hoffen wir, daß sie dazu erpreßt wurden! –, kommen nach jahrtausendelanger christlicher Bahnung der Phantasie für die unheimliche Schurkenrolle in erster Linie »die Juden« in Frage. Allerdings kenne ich entsprechende Phantasien – aus der Zeitung, nämlich der »Badischen«, nicht aus direkten Äußerungen von Einzelpersonen – auch über die Scientologen, und eine Kollegin berichtete mir von ausgedehnten entsprechenden (antiscientologischen) Phantasien einiger ihrer arbeitslosen Patienten (aus dem Siedepunktzeitfenster der beginnenden Hetze und Verfolgung), welche eben jene Scientologen, also die sozioökologischen Vikare der Juden, für ihr schlimmes Schicksal aufgrund ähnlicher Aktivitäten wie denjenigen der »Weisen von Zion« verantwortlich machten, obwohl sie noch nie einem derselben leibhaftig begegnet waren. Der Antisemitismus – oder der Antiscientologismus – ist halt der Antiimperialismus der dummen Kerls, obwohl er sogar als deren Antikapitalismus noch nicht völlig ausgedient hat.
     Bis zur harten Verfolgung der sog. Auschwitzleugner habe ich Phantasien dieser Art – fast immer antisemitisch, selten antiscientologisch, immer strukturgleich – niemals zu hören bekommen; danach häuften sie sich, sind inzwischen langsam eher häufiger geworden. Woran das bestimmt nicht liegt, wäre meine zuvor etwa geringere Neugier oder mein etwa seither gewachsenes Talent als Ethnologe im eigenen Land: ausgeschlossen, ich habe schon als Schüler entsprechende Fähigkeiten entwickelt, nannte das – bei der Entfaltung von Ideologien und ihrer autoritären Apologie, deren Systematisierung mir ein Herzensanliegen war: wie machen die das? – »Lehrerkunde«; auch Nicht-Lehrern zog ich immer ganz gut die Würmer aus der Nase, nur diese können ja verbotene Ideen äußern. Kurzum: zusammen mit der Jagd auf »Auschwitzleugner« – die zweifellos unrecht haben, aber niemals fair und sachlich widerlegt werden, die entsprechende Frage, feixt der STERN inquisitorenmäßig, »diskutiert man am besten im Gerichtssaal« –, mit dem Anstieg ernster Arbeitslosigkeit und zusammenbrechendem Lebensstandard sind diese Phantasien erkennbar häufiger geworden. Wie »die Juden« 2) derlei schaffen sollen, bleibt die argumentative Schwachstelle der Phantasten; weltlicher Realismus statt religionsentsprungener Satansphantasie müßte sie sonst neben der groben Überbevölkerung des Planeten auf den real existierenden US-Imperialismus stoßen, und davor haben sie die Hosen voll.
     Nun machen die gleichen Leute, die vor der Erkenntnis imperialistischer Bedrohung in antisemitische Phantasien flüchten (und das könnten sie ohne Religion nicht, selbst wenn sie ihnen nur erblich nachhängt, jedenfalls nur sehr mühsam), die Erfahrung, daß sie die mit diesen Ausweichphantasien ganz natürlich verbundenen entsprechenden Haßgefühle niemals äußern dürfen, da ihnen sonst schwerste Strafe droht, den Moslems aber nicht. Diese dürfen z.B., als Moslems erkennbar, auf Demonstrationstransparenten »Juden in das Gas« fordern, ohne daß auch nur ihre Personalien aufgenommen würden, oder in staatlichen Zeitungen oder von staatlichen Lehrstühlen die auf echtestem Hartwig-Niveau stehende uralte Ritualmordlegende verbreiten, während Kritikern, ja sogar bloßen akademischen Vorführern der islamischen Verbreitung dieser Ritualmordlegende z.B. an der Uni Nijmegen von den Organen der eigenen staatlichen Bürokratie das Maul gestopft wird; umgekehrt werden völlig sachbezogene und korrekt zitierende Kritiker jüdischer Organisationen in existenzbedrohender Weise als Antisemiten beschimpft, und sogar Kritik an konkreten Aktionen des israelischen Staates soll auf einmal regelrechter Antisemitismus sein, egal, ob dieses Motiv dahinterstecken könnte oder schon der Kontext es ausschließt. Dieses zweierlei Maß empört nicht nur viele Menschen, sondern, viel schlimmer, bringt sie geistig oftmals ganz durcheinander; es kommt häufig zum Schlimmsten, zugleich der größten Freude aller Kräfte der Finsternis und Feinde der Menschheit, nämlich zur Unklarheit der verwendeten Begriffe. Diese ist die wirksamste, die absolut wirksame Grundlage des theoretischen wie praktischen »anything goes«, also auch jedes wie auch immer gearteten Auschwitz; von sprachlicher und logischer Unredlichkeit zu diesem und jedem anderen verwerflichen Ende sind es allemal nur wenige Schritte, und deshalb ist das übelste Verbrechen stets und überall deren bewußte Zulassung oder fehlende Verhaßtheit, nicht etwa der dann fakultative Massenmord oder anderes direkt spürbares Unrecht. Versuchen wir, dabei zu stören.
     Die Kritik an jüdischen Organisationen (oder dem jüdischen Staat) kann berechtigt sein; sie kann aber selbst dann unrein, nämlich antisemitisch, motiviert sein (weil später bekannt gewordene bzw. eintretende Fakten zu einem früher und faktenunabhängig oder faktenwidrig entstandenen Vorurteil passen), muß es aber nicht. Da sie aber sowohl bei unreinster wie reinster Motivierung, fehlender wie völlig eindeutiger Berechtigung von den Gewalthabern absolut gleich behandelt wird, und das schreierisch, kreischerisch und real bedrohlich, kann dieses widerwärtige und absichtliche Resultat staatlicher Gleichschaltung dazu führen, daß Leute, die, ohne es je im entferntesten gewesen zu sein, dauernd als »Antisemiten« behandelt und beschimpft werden, es nach einer Weile auch wirklich werden, insbesondere, wenn jüdische Organisationen oder Repräsentanten bei der Schweinerei mitmachen. (Dieses tun sie gewöhnlich, weil sie davon, in Gestalt namhafter Bestechungsgelder unter irgendwelchen heuchlerischen Titeln, davon Vorteile haben, sozusagen Zuckerbrote, die gelegentlich durch die Peitsche ergänzt werden; Juden, die dabei nicht mitmachen, werden von ihnen selber und sogar in zunehmendem Maße ihrerseits als »Antisemiten« verbellt, etwa Galinski jr. oder Finkelstein, um nur halbwegs bekannte davon zu nennen; sie können bald die Mehrheit der besonders hartnäckig gebrandmarkten unechten »Antisemiten« werden.) Bringt diese Behandlung einen ganz und gar nicht gegen die Judenheit voreingenommenen Kritiker jüdischer Organisationen – besonders, wenn er von den »Nürnberger Gesetzen« nicht betroffen gewesen wäre und daher keine, auch keine imaginäre Übung im Umgang mit solchem objektiv hirnrissigen, doch psychologisch eiskalt berechnetem Dreck hat – völlig durcheinander, dann kann er nicht nur allmählich nachträglich Antisemit werden (und dadurch im Unrecht und daher seiner Wirksamkeit beraubt oder weitgehend beraubt sein), sondern auch die offensichtliche Meinungsfreiheit islamischer Gruppen und Staaten in diesem Punkt beneiden, welche diesen als eine Extrawurst unter vielen gewährt, ihm aber vorenthalten wird. Und so schließt sich der Kreis, ein wahrer Teufelskreis, ganz wie von seinen (christlich geborenen) Drahtziehern beabsichtigt.
     Es gibt mittlerweile geborene Juden in Deutschland, leider aus naheliegenden Gründen nur wenige und fast nur Rentner, die ihn zu sprengen suchen. Ihre Zeitschrift heißt »Der Semit«. Sie verdienen jede Unterstützung. Der US-hörige »Zentralrat«, fast ein US-U-Boot, behandelt sie so schlecht er kann. Sie können aber, schon weil sie nicht von außen gelenkt und bezahlt werden, weitaus eher als authentische Vertreter ihrer Gruppe gelten, so jämmerlich winzig diese durch Hitlers Verfolgungen hierzulande auch geworden ist. Ihre Stimme sollte gehört werden. Gegen den echten Antisemitismus wäre dieses wohl das beste Antidot. (Ist er freilich christlich oder islamisch, also genuin, motiviert, dann hilft weder diese noch sonst eine Stimme der Vernunft und Ehrlichkeit bzw. erkennbaren moralischen Überlegenheit, sondern nur die Austrocknung aller Säuglingskirchen und Erbreligionen.)
Doch zurück zum vielschichtigen Thema.
     Die Titelfrage hatte ja gelautet, ob es ein Pendant zum Antisemitismus in Gestalt des Antiislamismus gebe – ein irrationales Haßgefühl gegen Angehörige der Religion Mohameds, noch bevor diese irgendetwas anstellen konnten, welches es berechtigt erscheinen läßt. Gäbe es das, dann könnte man es daran erkennen, daß den Menschen, welche das Pech hatten, als Kinder eine islamische statt einer christlichen oder milderen Gehirnwäsche abzubekommen, a priori Haß statt Mitleid entgegengebracht wird, ganz in der Art, in welcher der echte Antisemit geborenen Juden Haß statt wenigstens Neugier entgegenbringt, den »orthodoxen« unter ihnen auch das wohlverdiente Mitleid vorenthält, welches jedes Hirnwäscheopfer zunächst einmal beanspruchen kann, wenn es seine Defekte nicht in Projektionen umsetzt (was nicht-israelische Juden nur selten können, selbst wenn sie dazu neigen sollten – man vergleiche dazu allerdings die äußerst häßliche Etymologie des Wortes »Schickse«; na ja, die dumme und kindische Rache des dauernd Getretenen). Analog zu einem Antisemiten wird man von einem Antiislamisten auch erwarten, daß er dem physischen Leben der Gruppe, gegen welche er ein Vorurteil hegt, weniger Wert als demjenigen eines Angehörigen seiner eigenen oder einer sonstigen Gruppe zuerkennen wird, d.h. wenig Hemmungen entwickelt, die Angehörigen der mit seinem Vorurteil belasteten Gruppe zu töten.
     Um es kurz zu machen: es gibt solche Menschen tatsächlich. Sie zu finden, ist im Falle des Antiislamismus deshalb schwer, weil der Islam in seiner Eigenschaft als den USA willkommener antirussischer Rammbock seit Khomeini sowohl eine Extrawurst nach der anderen gebraten bekam und, seit dem WTC-Attentat in reduzierter Dosis, auch weiterhin bekommt (eine dieser vielen Extrawürste besteht z.B. darin, daß die Auschwitzleugnerverfolgung um ihn den berühmten Bogen macht, seine Vertreter ihren sehr häufigen und starken Antisemitismus, die verlogene wörtliche Bedeutung des Begriffs sei hier natürlich ignoriert, in der abscheulichsten und hemmungslosesten Weise ausleben dürfen, was eine ganz empörende Rechtsungleichheit ergibt, welche wiederum oft genug den hieran völlig unschuldigen Juden in die Schuhe geschoben wird; denn mögen deren offizielle Vertreter sich auch oft und emsig genug bei der widerlichen Jagd auf falsche Antisemiten hervortun, um ihren US-Sponsoren angenehm aufzufallen, so steht es doch einfach nicht in ihrer Macht, diese Hatz gegen die Wünsche besagter Sponsoren, deren außer-atomare Macht im alten divide et impera liegt, auch auf ihre echten, tatsächlich irrational und niedrig, d.h. projektiv motivierten Feinde auszudehnen). Freilich: der islamische Mohr hat seine antisowjetische Schuldigkeit inzwischen so weitgehend getan wie die vielen antikommunistischen, doch materiell anspruchsvollen »Gorilladiktatoren« im Kielwasser des US-Imperialismus von Mobutu bis Baby Doc, und wie man diesen ihre Schweizer Konten gesperrt hat, so drosselt man jenen nach Erfüllung ihrer Aufgabe die Extrawurstlieferungen; daß diese überhaupt noch fortgesetzt werden, verdanken sie ausschließlich ihrer Rolle als intoleranzverteidigende, schneidig aggressive Vorturner der aufklärungsgeschädigten und dadurch schlapp und vorsichtig gewordenen Christen, welche nur noch ihr Mütchen an neuen, winzigen und wehrlosen Konkurrenzreligionen gehässig kühlen dürfen, rationale Religionskritiker, ja manchmal sogar Satiriker zu ihrem Leidwesen aber in Ruhe lassen müssen. Da bringt der hochprojektive, sauaggressive Islam einfach »frisches Blut« in den Irrationalismus-Laden, in jedem Sinne, und da Vernunft und Neurosenschwund bei Untertanen und Melkkühen nie gerne gesehen werden, erklärt das den Fortbestand jener Extrawurstlieferungen, der Abschluß ihrer Hauptfunktion deren Drosselung. (Deshalb quatschte, nur für Kenner, unser »Grandseigneur« im Original auch etwas von der »Krise des Islam«, nicht von der für die zum multikulturellen Gejammer erzogenen Deutschen gedachten »Wut der arabischen Welt«: wollen die Jungs einsehen, daß sie den Herren der Welt, welche sie eine Weile lang so verzogen haben und verziehen ließen, ab jetzt, wo kein Grund mehr dafür besteht, anspruchslos zu parieren haben, oder lockt sie für die nächsten 2000 Jahre die verflossene Rolle der Juden, die jetzt eine neue haben, auf globaler Ebene? »Krise« heißt übersetzt »Entscheidung« – entscheidet Euch also, Ihr sand niggers, ob Ihr für die Zukunft mit einem sicheren Stehplatz zufrieden seid wie alle anderen, oder in Verkennung der Lage trotzen wollt ...)
     Kurzum: häßlich war und blieb der Islam ausreichend, gerade seine häßlichsten Seiten wurden hingebungsvoll gepäppelt, die Mörder von Sivas sowie der Rushdie-Übersetzer, die Steiniger und Handabhacker, durchaus auch Christen- und Hindupeiniger lassen grüßen, und die rationalen Gründe zu seiner Kritik drängten sich derartig vor, daß mögliche irrationale gar keine Entfaltungsmöglichkeit mehr bekamen. Aber sie existierten und wirkten trotzdem, wie wir noch sehen werden. –
     In alter Zeit, als Christen und Moslems bei annäherndem Kräftegleichstand ihre militärischen Duelle austrugen, hielt sich die Projektion – für psychoanalytisch Unwissende sei als Ersatz deren bewußte Wirkung genannt: heimlicher Neid und wildester Haß – auf beiden Seiten die Waage: beide nannten ihr jeweiliges Gegenstück gleichermaßen »die Ungläubigen«, was bedeutet, daß sie die Gegenseite insgeheim um ein dieser erspartes sacrificium intellectus beneideten: die Christen die Moslems um ihren glatten und echten Monotheismus, welcher, einmal geschluckten Gottes, keine weiteren Hirnverrenkungen mehr nötig machte, insbesondere keine masochistischen, wozu die mohamedanische Polygamieerlaubnis zumindest für das tonangebende Geschlecht sehr gut paßte. Die Moslems wiederum hatten Grund, die Christen dafür zu beneiden, daß diese die extrem unglaubwürdige Theorie der »Schriftfälschung« nicht schlucken mußten, welche bis heute zu verdecken hat, daß Mohamed die biblischen Geschichten oft schlecht nacherzählt und häufig eigenmächtig verändert oder ausgeschmückt hat; auch mit dem »Siegel der Propheten«, das gegen Ende, als Mohamed zu Gottes Souffleur wurde und erkennbar anlaßgebundene und eigennützige »Offenbarungen« produzierte, die dennoch angeblich älter als die erschaffene Welt waren, mußten sich die Christen nicht belasten. (Die Projektion besteht darin, daß man den eigenen aus Furcht nicht eingestandenen Unglauben an die jeweiligen Zumutungen unbewußt der Gegenseite anlastet, da diese zu der dazugehörigen besonders rücksichtslosen Glaubenszumutung nicht verpflichtet ist und dadurch an den eigenen verleugneten Unglauben an diese erinnert.) Andererseits wurde die Projektion dadurch gebremst, daß man sich gegenseitig in meist sehr schöner Symmetrie die Schädel einschlug, was zur Achtung des Gegners führte, welche immer ein Antidot der Projektion ist. Und beide Seiten haßten gemeinsam und intensiv die Juden, weil diese dogmatisch nun einmal aufgrund der Authentizität und Priorität, auch weitgehender innerer Widerspruchsfreiheit ihrer heiligen Schrift gegen beide recht hatten (gegen die Christen, weil deren Neues Testament zwar die konsequente Fortsetzung der Bibel zu sein behauptet, aber zu ihr paßt wie der Faust aufs Gretchen; gegen die Moslems, weil deren Oberprophet die biblischen Stoffe verhunzt hat und folglich, bleibt man in deren Rahmen und teilt deren Voraussetzungen, ein falscher Prophet gewesen sein muß. Gegen Hindus und Buddhisten haben die Juden dagegen keinen immanenten Vorsprung, da sich weder Stoff noch Kanon überschneiden; folglich gab es zwischen beiden nie eine ernste Feindschaft, nur einige Juden scheinen den Buddhisten zu verübeln, daß sie selber gegenüber diesen einmal ausnahmsweise nicht a priori im Recht sind, und machen sie daher nach Strich und Faden schlecht). Der Haß gegen Leute, die gegen einen im Recht sind, ist naturgemäß umso heftiger, je wehrloser und weniger diese sind, denn umso »trotziger« wirken sie; die Juden bekamen ihn daher von Christen wie Moslems zu spüren, von jenen mehr, von diesen etwas weniger, von beiden kräftig. Doch das ist schon eine Weile her.
     Seit die Religion nicht mehr das ideologische Medium Nr. 1 ist, ist diese Grundlage deutlich erodiert; es sind aber neue Elemente hinzugekommen. Der US-Imperialismus hat uns Europäern aus leicht erkennbaren Gründen die Moslemfanatiker als nimmersatte Empfänger von Extrawürsten aufs Auge gedrückt; ihre stinkende Sexualrepression sollte die unsere vorbereiten, der wir doch in der Besseren Zeit erst einmal erfolgreich entschlüpft waren, was Unzufriedenheit mit Hungerlöhnen, Wasser- und Lichtrationierungen oder überhaupt massenhafter Stallhaltung von Menschen bedeuten kann, wie sie uns vaubanmäßig blüht; soll gut für die »Umwelt« sein, na ja – aber wer was vom Leben haben will statt einer klitzekleinen Erbenschicht seine eigenen Glücksmöglichkeiten zu opfern, frißt das nicht gerne, und die Bandbreite seiner unbeschwerten sexuellen Erlebnismöglichkeiten ist der Prüfstein dafür. Genau diese sollen die eingeschleusten auffälligen Moslems auf dem Vorbildwege versauen. Feigerweise wird ihnen das verübelt und nicht jenen, die sie zu diesem Zwecke einsetzten und, z.B. durch eiserne Straflosigkeit, wenn sie pöbeln oder schlägern, in schreiendstem Gegensatz zu den Einheimischen, auch dressieren. Wahr ist, daß unter den armen und massenhaft eingeschleusten Menschen islamischer Herkunft ein erstaunliches, oft sehr uneigennütziges Maß an ehrlicher Hilfsbereitschaft und gleichheitlichem Kooperationswillen zu finden ist, die Masse von ihnen friedlich ist (und ihren Vorteil sucht wie alle Menschen); aber die schwarzen Schafe unter ihnen, die es in jeder größeren Menschengruppe geben muß, erhalten für ihre schlechten Eigenschaften eine so schreiend unverschämte staatliche Förderung durch »fairständnisvolle« Straflosigkeit, daß sie ungebührlich in den Vordergrund der Wahrnehmung treten und viele aus ihrer Bevölkerungsgruppe anstecken, die sonst vielleicht vorbildliche Staatsbürger geworden und geblieben wären. Die Feiglinge ihrer nicht-islamischen Umgebung aber machen jene Gruppe dafür verantwortlich, die von ihrem eigenen Staat unter dem Druck von dessen Oberherren bewußt verzogen wird, und nicht besagten Staat selbst. Dazu kommt, daß gerade die guten Eigenschaften der eingeschleusten Moslems, nämlich eine durchschnittlich höhere Resistenz gegen äußere Manipulation und Fernsteuerung ganz wie bei den Juden unter dem christlichen Joch auch – weshalb sie vielleicht in deren freigewordene sozioökologische Nische schlüpfen werden –, einen entsprechenden Haß, eine entsprechende Projektion der umgebenden Mehrheitsfeiglinge hervorrufen, die an diesen Leuten, welche meistens entweder ärmer oder pfiffiger als sie sind, ihre eigene moralische Erbärmlichkeit auf dem Kontrastwege wahrnehmen müssen. Kommt dadurch, wie es naheliegt, Projektion zustande, dann kann echter Antiislamismus (wie definiert) gedeihen.
     Als Beleg dafür konnte und mußte ich längere Zeit einen Menschen beobachten, der mich durch die Wildheit seiner Phantasie erst verblüfft, dann gegruselt hat – sein Antiislamismus mußte als getreues Gegenstück jenes klassischen Antisemitismus hervorstechen, den ich viele Jugendjahre lang aus Dokumenten des Mittelalters wie des Dritten Reiches beinahe süchtig studiert hatte, weil er mich durch seine Vernunftresistenz so sehr erschreckte. Genau das konnte ich jetzt am lebenden Modell kennenlernen.
     Zunächst einmal fiel auf, daß unser Proband die lebenden Moslems als ungeheure Gefahr und Bedrohung seiner – durch geerbte Privilegien erheblichen, aber gerade deshalb auch für ein schlechtes Gewissen anfälligen – Freiheit betrachtete. Er hielt das WTC-Attentat allen Ernstes für eine vorzügliche und erfolgreiche Methode, die US-Amerikaner zum Islam zu bekehren, und untermauerte diese These mit phantastischen Zahlen (hinter denen vielleicht die im Vergleich zum US-Durchschnitt höhere Vermehrungsrate der »Black Muslims« und der islamischen Einwanderer aus armen Ländern, unter Einschluß der Religionsübertritte aus Mischehen, steckt, ich weiß es nicht. Seiner Ansicht nach, wenn ich seine freilich unklaren Ausführungen richtig verstanden habe, kam dieser angebliche Missionserfolg dadurch zustande, daß das Attentat einerseits die Stärke der islamischen Religion demonstriert habe und dadurch Leute anziehe, die mit den Siegern gehen wollten, andererseits im rechtzeitigen Übertritt ein Schutz vor weiteren Attentaten gesucht werde. Na ja). Außerdem fielen wir Europäer der islamischen Invasion zum Opfer, da unsere Länder von Moslemeinwanderern überschwemmt würden. Mein Einwand, daß niemand und auch kein Moslem gegen den Willen der europäischen Regierungen in deren Territorium einreisen oder dort lange verweilen könne, und keine Regierung irgendeines islamischen Landes dagegen irgendetwas militärisch ausrichten könne, im Störrischkeitsfall, der außerdem nun einmal extrem unwahrscheinlich ist (noch keine Regierung hat einen souveränen Staat zur Masseneinwanderung ihrer Bürger nötigen, geschweige denn zwingen wollen), das Schicksal Afghanistans auf sich zöge, mobilisierte nur einen idiotenhaften Gesichtsausdruck und die Wiederholung der unsinnigen These. Es gibt ja auch keine einzige Gesetzesübertretung, die sich islamische Einwanderer gegen den Willen der örtlichen Regierungen gestatten könnten oder jemals würden, hart bestrafte und sozial wirkungslose Desperadoakte vielleicht kurzzeitig ausgenommen, und gegen eine Massenausweisung (wie sie z.B. der gegenwärtige türkische Ministerpräsident ohne sonderliche internationale Mißbilligung seinen armenischen Holocaust-Überlebenden androhte) könnten sie sich, wenn zu viele Desperados ihren Reihen entsprängen, einfach nicht wehren.
     Daß Pathologie im Spiel war, zeigte die nächste Verhaltensauffälligkeit des Probanden. Nicht nur der Antisemitismus ist der Antiimperialismus der dummen Kerls; der Antiislamismus ist es auch, denn ohne den Druck der USA zur Islamhätschelung zwecks Versauung des traditionell gewordenen europäischen Lebens- und Rationalitätsniveaus hätte der Spuk trotz gleichgerichteter vatikanischer Anstrengungen bald einen Knacks, und die Masse der moslemisch geborenen Einwanderer in Europa würde heimlich aufatmen, denn sie wäre den saudisch finanzierten Druck auf sie durch eine kleine, aber laute Gruppe zielsicherer islamischer Fanatiker und Einmischer los. Um an die phantasierte eigene Kraft der islamischen Bedrohung eines durch die Arbeiterbewegung, zuvor die Aufklärung erträglicher gewordenen Lebens glauben zu können, muß man ihre US-Unterstützung, am besten gleich den US-Imperialismus selbst leugnen. So auch mein Proband, er leugnete nicht nur die (US-typische) Existenz des scheußlichen Falles des »kleinen Raoul«, der so wohl nicht einmal im schlimmsten islamischen Land vorgekommen wäre, nicht nur die durch die schon sprachlich durch die US-basierte Verwirrung der Begriffe Kind/Jugendlicher ins Auge springende Herkunft der Europa aufgezwungenen antihumanen Sexualgesetzgebung, sondern sogar die Existenz der US-Sexualgesetzgebung überhaupt; sein »Beweis« war, er habe an den Bundestagsreferenten, der sie zitierte, geschrieben, und dieser habe nicht geantwortet; außerdem habe er sie im Internet nicht gefunden, da er sie unter »Federal Law« gesucht hatte (tatsächlich ist sie in den USA normalerweise lokales Recht, d.h. findet sich, analog der »Kultushoheit der deutschen Bundesländer«, in den Gesetzen der Teilstaaten).
     Kurzum: Realitätsleugnung verlangt Pathologie (und mit Unterstützung des Staates und seiner Töner erhält sie sie auch, natürlich selektiv). Beim klassischen Antisemitismus der Nazis war das auch nicht anders; man sollte aber keine mildernden Umstände daraus ableiten, denn geistige Disziplin, die nötige Verachtung aller Menschen, die Worte benutzen, die sie nicht definieren können, hätte das Gegengift geboten. Auf lange Sicht kann der Antiislamismus vielleicht den Antisemitismus in der Welt ablösen.
     Dazu paßt nun, daß mein Proband die präventive Tötung der Iraner durch Verstrahlung fanatisch bejahte, ihre Unterlassung dagegen als schieren Antisemitismus geißelte; denn ein Iran, der Angreifer wie auf seinen zerstörten Nachbarn durch eine Atombombe nachdenklich machen könnte, bevor sie zu Wiederholungstaten schreiten, könnte diese ja auch aus religiösem Fanatismus mir nichts, dir nichts auf das arme Israel werfen, ergo ... (Na ja, typisch unfalsifizierbar. Sollte, was ein wenig realistischer klänge, sich Israel allerdings dazu hergeben, die Abschußrampe von Atomraketen auf den Iran zu machen, dann wäre seine eigene atomare Zerstörung moralisch voll gerechtfertigt, genau wie diejenige jedes anderen Staates, der das täte. Aber es muß es ja nicht.)
     Es ist unwahrscheinlich, daß ein Atomangriff auf den Iran unter der magischen Opferzahl von sechs Millionen bliebe; und auch der Holocaust der historischen Nazis war von diesen ja wohl letztlich als Präventivmaßnahme gedacht. Wer Projektion und Feigheit über seinen Verstand siegen läßt, fällt in einen unendlichen moralischen Schacht ohne Boden.
     Nun ja, mein Proband wird inzwischen mit meinen und Deinen staatlich abgepreßten Geldern von der »Bundesanstalt für politische Bildung« herumgereicht, der wohl widerlichsten Propagandainstitution zumindest der Alten Welt; und auch in israelischen Ministerien ist er gern gesehener Gast.
Wen das anwidert, der bedenke: der Mensch hüte sich vor geistiger Feigheit, denn sie macht Vorurteile lebensfähig. An den Früchten erkennt man den Baum, an den Taten den Menschen, nicht an seiner wirklichen oder behaupteten Rasse oder Geburtsherkunft; alle Menschen ohne Hirnschaden können über diese hinauswachsen oder sich um diese moralische Forderung drücken.
Antisemitismus wie Antiislamismus, d.h. einfach: jede Folge geistiger Feigheit, die der Einzelfalluntersuchung auf Gleichheitsbasis ausweicht, ohne deshalb die Statistik zu leugnen, hat es gegeben und gibt es leider. Verachten wir beide, lieben wir die Vernunft und die Gerechtigkeit! Auch die Religion ist verächtlich; aber nicht der Mensch, nur weil er das Pech hatte, durch ihre Mühle gedreht zu werden. Helfen wir lieber den überall existierenden besseren darunter, die Folgen dieser Mühle zu überwinden, und verachten wir alle, die sich darum drücken, ganz besonders, wenn sie auch noch projizieren. Aber sie treten nirgends so konzentriert auf, daß sie dadurch atomare oder »konventionelle« Bombardements rechtfertigen könnten; seine weit über zwölf Gerechten enthält jedes Sodom.

Von Fritz Erik Hoevels

 

Fußnoten:

1) Einen anschaulichen Beleg dafür bietet eine absurde Verleumdung Gerhard Wisnewskis, zu deren Abwehr er einiges Geld und Glück und mancherlei Mühe und Lauferei brauchte (siehe dessen »Das andere Jahrbuch 2010«, München [Knaur] 2010, p. 49-54); ebenso absurd und schändlich war die bischöfliche Verleumdung des sog. »Ferkelbuchs« bei der verachtenswertesten Behörde der BRD – KB-Leser kennen sie und können dieses moralische Urteil leicht nachvollziehen – mit genau dem gleichen »Antisemitismus«-Vorwurf gegen eindeutige Religionskritik, die mit der durchschnittlichen Abstammung der Träger der kritisierten Religion aufs Eindeutigste nichts zu tun hatte. Die Liste der einschlägigen Schweinereien auf genannter Basis ist noch erheblich länger, die Dunkelziffer sicher riesig. Wahrscheinlich werden wir viele davon in dem neuen Buch »Antisemitismus!« von M. Zuckermann finden, dessen Ankündigung vielversprechend ist, mir aber bei Abfassung dieser Untersuchung noch nicht vorlag.

2) Ein für allemal: natürlich darf Moral und Strafrecht nur eine individuelle Schuld kennen, bezüglich deren Nachweises die Beweislast beim Ankläger liegt, aber wie auch immer definierte Kollektive – die Ärzte, die Arbeiter und eben auch die Juden, Samaritaner oder Hindus – können sich hinsichtlich beliebiger Parameter, die natürlich vorab eindeutig zu definieren sind, signifikant unterscheiden (was dann die Verrechnung der standardisiert erhobenen Daten feststellt, wie sie die werdenden Psychologen an der Uni ochsen müssen). Es ist auch erlaubt, eine Gruppe nach ihrer repräsentativen Organisation und deren autorisierten Sprechern zu charakterisieren – es war kein »Rassismus«, wenn die Polen im »Generalgouvernement« von den Missetaten »der Deutschen« sprachen, statt dauernd und dauernd zu wiederholen, daß sie genaugenommen »die deutsche Regierung« oder »die deutsche Armee« meinten.

EUR 4,50
ISSN: 0930-0503
ISBN: 978-3-89484-249-9
November/­Dezember 2010

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