System ubw 1/2011

29. Jahrgang, Heft 1, Dezember 2011, 84 S.



Inhalt

  • Fritz Erik Hoevels Beiträge zur Psychopathologie des modernen Alltagslebens:
    4. Das Geld und seine Metamorphose
  • Viktor Mazin
    Die Bedeutung des Geldes
  • Fritz Erik Hoevels
    Zu Prokofieffs ›Feurigem Engel‹ in Petersburg
  • Anna Rouge
    Welcher Wolf steckt im Psychologenpelz?
    Die Psychoanalyse als anti-ideologische Waffe
  • Rezension von Peter Priskil
    Franz Maciejewski: Echnaton oder die Erfindung des Monotheismus
  • Die Autoren

Fritz Erik Hoevels
Zur Psychopathologie des modernen Alltagslebens - Teil 4:
Das Geld und seine Metamorphose

Abstract:

Obwohl die Verfügung über Geld, kein im engeren Sinne infantiler Wunsch war, da er eine gewisse Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten voraussetzt, gerät er doch sehr schnell in das ödipale Spannungsfeld. Deshalb verknüpft er sich unbewußt leicht mit Selbstbestrafungstendenzen, die sich in ruinösem Umgang mit eigenem Geld niederschlagen können (»St. Alexius - Syndrom«, hier eingeführt). Denn dessen Besitz wird unbewußt als ödipale Wunschvorstellung erlebt (auch wenn nicht ererbt), und die dadurch ausgelösste Überichaggression kann zu schwerer Selbstschädigung führen. Umgekehrt kann das Erlangen von Geld unbewußt als Belohnung erfolgreicher Verdrängung, Selbstentfremdung, Ersatz oder wenigstens Überlagerung der eigenen Identität durch Identifikationen erlebt werden. Der gesellschaftliche Ersatz eigentlichen Geldes durch »plastic money«, dessen Erwerb und Gebrauch grenzenlos kontrollierbar ist, dürfte daher ein hochwirksames Mittel massenhafter Infantilisierung sein.

 


Viktor Mazin
Die Bedeutung des Geldes

Abstract:

Die Einführung echten, daher voll konvertiblen Geldes in die ehemalige Sowjetunion hat gravierende subjektive Folgen. Geld - jetzt umgangssprachlich als »bablo« [»Zaster;Beute«] bezeichnet - wird zu etwas das Lucan »Objekt klein a« nannte, eine Art Muttermilch für Erwachsene. Dieser gesellschaftliche Vorgang wird anhand zuvor weiterentwickelter Romane und Kinderbücher verdeutlicht, welche einen Zustand spiegelten, in welchem Geld nicht die Rolle eines libidinös besetzten Ersatzobjekt annehmen konnte. Diese Nebenwirkung der Wiedereinführung des Kapitalismus in das ehemals sozialistische Rußland beschädigte auch die nach langer stalinistischer Unterdrückung wieder auftauchende Psychoanalyse nachhaltig.

 


Fritz Erik Hoevels

Zu Prokofieffs »Feurigem Engel« in Petersburg

Abstract:

Prokofieffs berühmte Oper »Der feurige Engel« erlebt heute nur noch im ehemaligen Leningrad werkgetreue Aufführungen. So sehr die WHO die Diagnose des »hysterischen Charakters« verworfen hat, so verzüglich illustriert diesen die Figur der Hauptheldin »Renata«, wobei die allgegenwärtigen »Dämonen« der Oper die verdrängten Wünsche verbildlichen. Es ist bemerkenswert, daß diese zwar externalisert sind, aber eben nicht restlos verdrängt. Das ist die geheime Ursache für Verfolgung und Hinrichtung der Hauptperson (im Kloster, d.h. dem Ort mutueller Verdrängungsassistenz). Für den sensiblen Zuschauer kam die plötzliche »Wiederkehr des Verdrängten« im letzten Akt eine wertvolle Hilfe dabei sein, ihre Existenz in der eigenen Person wahrzunehmen und nicht zu leugnen.

EUR 7,50
29. Jahrgang, Heft 1, Dezember 2011, 84 S.

ISSN: 0724-7923
ISBN: 978-3-89484-715-9

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